Löffel für Löffel zur Sozialkompetenz

Wer kennt es nicht? Wir Lehrer und Sonderpädagogen/Heilpädagogen (wie auch immer man uns benennen möge) würden eigentlich gerne mit dem Unterricht starten oder ihn in gepflegter Manier fortführen, wenn plötzlich eine Unterrichtsstörung auftritt und uns gekonnt daran hindert.
Und wir alle wissen, dass Ruth Cohn mit ihrer treffend formulierter Aussage "Störungen haben Vorrang", absolut recht hat, weswegen wir uns dem störenden Reiz zuwenden und ihn zu lösen versuchen.
Teilweise gelingt uns das auch ganz schnell und der Unterricht kann gesittet fortgeführt werden.
Manchmal jedoch sind die Probleme in der sozialen Dynamik nicht ganz so schnell lösbar und die niederschwelligen Konfliktherde köcheln unter der Oberfläche fast ungestört weiter, bis sie sich - kaboom! - explosionsartig zeigen, sodass an eine Fortführung des Unterrichts gar nicht mehr zu denken ist.
Es gibt auch immer mal wieder ungünstige Klassenzusammensetzungen, welche stets neue Konfliktherde produzieren und für die man extrem viel Zeit und Kräfte mobilisieren muss, damit überhaupt sinnvoller Unterricht stattfinden kann.

Für all diese Fälle kann die Kynopädagogik hilfreich sein.

Studien haben nämlich ergeben, dass die Anwesenheit eines Hundes das hyperaktive Verhalten unserer Schülerinnen und Schüler dämpfen kann. Gleichzeitig kann seine Präsenz die Aufrechterhaltung und Lenkung der Aufmerksamkeit begünstigen und das prosoziale Verhalten fördern. Plötzlich gelingt es unseren Lernenden besser, ihre exekutiven Funktionen zu regulieren und für Ansätze zur Förderung des sozial-emotionalen Lernens zugänglicher zu werden.

Als eine mögliche Trainingsform zur Förderung der Zusammenarbeit innerhalb eines Klassenteams soll folgendes Beispiel dienen:

Mit 20 Löffeln und vielen Leckerlis bewaffnet haben wir uns aufgemacht, eine Klasse zu besuchen. Nach einer Begrüssungsrunde sollten sich alle einen Löffel holen und sich in einen wohlgeformten Kreis aufstellen. Dann ging es los: Die Leckerlis wurden von Löffel zu Löffel weitergegeben, bis sie am Ende in einem Becher landeten. Heruntergefallene Leckerlis wurden weggelegt.
Beobachtungs- und Diskussionsanlässe ergeben sich daraus, ob es dem Team gelingt,  wohlwollend miteinander zu kommunizieren, ob sie sich an die Regeln halten und gemeinsam auf ein Endziel hinarbeiten können.
Probleme und Störungen werden ruhig aufgegriffen. Die Lehrperson kommuniziert die Ziele und das Vorgehen klar und transparent, interveniert wo nötig, verbalisiert die Schwierigkeit, sucht gemeinsam mit der Gruppe nach Lösungsansätzen und lässt sie dann mit den neuen Tipps und Tricks den Stolperstein selbständig überwinden.

Alle gesammelten Leckerlis (da muss man als Pädagoge natürlich schauen, dass genügend herumgegeben werden, sodass es am Schluss für jedes Kind reicht) durften nach dem erfolgreichen Kooperationsspiel verfüttert werden.
Das hatten sich die Kinder wirklich verdient und der Hund hat sich über jede Nascherei riesig gefreut.



Quellen:
Beetz, A., Julius, H., Turner, D., Kotrschal, K. (2012) Effects of social support by a dog on stress modulation in male children with insecure attachment. Front. Psychology 3:352. doi: 10.3389/fpsyg.2012.00352
Cohn, R. (1975). Von der Psychoanalyse zur Themenzentrierten Interaktion. Stuttgart: Klett-Cotta.
Schuck, S. E. B., Emmerson, N. A., Abdullah, M. M., Fine, A. H., Stehli, A., Lakes, K. D. (2018). A Randomizes Controlled Trial of Traditional Psychosocial and Canine-Assisted Interventions for Children with ADHD. Human-Animal Interaction Bulletin 6 (1), 64-80.